Kein Kind ohne Mahlzeit - Bund, Land, Kommunen und Eltern tragen gemeinsame Verantwortung
Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
sie alle kennen den Bürgerrat „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit
und staatlichen Aufgaben“ und hier besonders die Empfehlung 1 mit der Bezeichnung:
„Investition in die Zukunft: Kostenfreies Mittagessen für alle Kinder als Schlüssel für Bildungschancen und Gesundheit“. Darin empfiehlt der Bürgerrat täglich und bundesweit für alle Kinder und Jugendlichen ein kostenfreies und gesundes Mittagessen an Kitas und Schulen bereitzustellen. Das Essen soll bestimmten Mindeststandards entsprechen und staffelweise spätestens innerhalb von acht Jahren für alle Altersgruppen – beginnend mit den jüngsten – umgesetzt werden. Ziel ist die Förderung der gesunden Ernährung und das Entgegenwirken von Mangelernährung. Auch die Chancengleichheit soll gefördert werden. Und: Es sollen nicht nur Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Haushalten profitieren, sondern alle Kinder. Der Bürgerrat wurde bekanntermaßen durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 10. Mai 2023 eingesetzt. Das klingt fast danach, als wenn der Bund für das kostenfreie Mittagessen auch die Gesetzgebungskompetenz hätte und die Maßnahmen entsprechend einrichten und auch bezahlen würde.
Aber ist das wirklich so? Die Antwort darauf lautet – wie so oft im deutschen Recht: Es kommt darauf an. Und zwar darauf, ob eine entsprechende Regelung im Bereich der öffentlichen Fürsorge liegt oder im Bereich der Bildung – und damit eben bei den Ländern. Eine bundesgesetzliche Bestimmung müsste nach Art. 72 Abs. 2 GG auch erforderlich sein. Aber ein kostenfreies Kita- und Schulessen ist zur „Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit“ wohl nicht erforderlich. Auch die Frage, ob das kostenlose Mittagessen zur „Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ erforderlich ist, lässt sich ohne eingehende Statistiken und Daten aus allen 16 Ländern nicht beurteilen.
Der Ball liegt also faktisch wieder bei den Ländern. Und ja, es gab hier vor einigen Jahren die Aktion „Kein Kind ohne Mahlzeit“ und natürlich sehen auch wir die Notwendigkeit der gesunden Ernährung in Kita und Schule. Schließlich werden hier wichtige Ernährungsmuster erlernt, die jeden Schüler und jede Schülerin ein Leben lang prägen. Ob und wie diese gesunden Muster erlernt werden, entscheidet auch
über die zukünftige körperliche und geistige Gesundheit. Genauso richtig ist: Das Mittagessen muss für das Land Schleswig-Holstein finanzierbar sein. Und die Situation ist an dieser Stelle sehr klar definiert:
1) Kitas:
In Schleswig-Holstein gibt es ca.1.860 Kitas, die rund 121.000 Kinder betreuen. Ein kostenfreies Mittagessen für alle Kita-Kinder würde jährlich rund 140 Millionen Euro kosten. Selbst bei einer hälftigen Finanzierung durch den Bund wäre dies eine enorme finanzielle Belastung für das Land Schleswig-Holstein.
?Das dafür nötige Finanzvolumen steht tatsächlich nicht zur Verfügung.
2) Schulen:
Die Kosten für eine tägliche Mittagsverpflegung an den 394 reinen Grundschulen in Schleswig-Holstein würde mehr als 48 Millionen Euro jährlich betragen. Weitere Kosten kämen hinzu, nämlich für eine Mittagsverpflegung außerhalb eines schulischen Ganztags- und Betreuungsangebots, insbesondere in der Sekundarstufe I und ggf. in höheren Jahrgangsstufen. All dies ist aufgrund der hohen Kosten nicht realisierbar. Die Sozialstaffel in Verbindung mit dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) sorgt bereits jetzt für die Entlastung von Familien mit geringem Einkommen und sichert die Verpflegung der Kinder. Das heißt: Für anspruchsberechtigte Kinder wird die Teilnahme an der gemeinschaftlichen Mittagessensverpflegung in Schule, Kita und Kindertagespflege übernommen. Der Eigenanteil ist seit dem 01.08.2019 entfallen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch zu erwähnen: Unabhängig von den anfangs zitierten gesetzlichen Fragestellungen gilt: Nicht nur das Land ist allein dafür verantwortlich, dass die Kinder eine gesunde Mahlzeit einnehmen. Auch der Bund, die Kommunen und nicht zuletzt die Eltern tragen eine gemeinsame Verantwortung.