CDU Kreisverband Lübeck
#anpackenfürLübeck

Rede Volkstrauertag 17. November 2024

Anlässlich des Volkstrauertages hielt der Kreisvorsitzende der Lübecker CDU, Dr. Hermann Junghans, Mitglied des Landtags, die folgende Gedenkrede:

Sehr geehrter Herr Stadtpräsident, lieber Henning,

sehr geehrter Herr Vorsitzender des Volksbundes, lieber Paul-Gerhard,

sehr geehrte Damen und Herren,

ich bedanke mich sehr herzlich für die Ehre die heutige Gedenkrede halten zu dürfen.

Die Anfrage erreichte mich im Juni nach einer öffentlichen Diskussion über die Standbilder von Bismarck und Kaiser Wilhelm I. Es war die Forderung nach einem Abriss der Standbilder erhoben worden, dem ich deutlich widersprochen habe.

Diese Standbilder sind Zeugnisse unserer Geschichte und damit auch Denkmäler.

Ein Denkmal dokumentiert nicht nur einen Teil unserer Geschichte, sondern ist immer auch eine Aufforderung, die in zwei Worten zu lesen ist: „Denk mal!“ 

Anlässe zum Nachdenken geben nicht nur die bekannten Staatsmänner in der großen Geschichte - sowohl was ihre Leistungen, aber auch was ihre Irrtümer angeht - auch die Spuren der ganz normalen Menschen sind erhaltenswert. 

Sie geben uns Einblick in Schicksale von Menschen, die mit den Folgen von Entscheidungen auf der ganz großen Ebene zurechtkommen mussten.

Der Blick aus der Vogelperspektive auf die ungeheure Anzahl von Gräbern der großen Soldatenfriedhöfe des ersten und zweiten Weltkriegs oder aber direkt vor den einzelnen Gräbern das Lesen von Geburts- und Sterbedaten der vielen auch sehr jung Gefallenen, sie hinterlassen einen tiefen Eindruck, der über ein rationales Erfassen weit hinausgeht.

Die Kriegsgräberfürsorge pflegt das Andenken an diejenigen, von denen das höchste Opfer abverlangt wurde.

Viele von ihnen hatten es nicht gewollt, Helden zu werden, manche von ihnen wurden es dennoch. Manche wollten vielleicht Helden werden, hatten aber keine Gelegenheit sich darin zu beweisen, weil der Tod sie zuvor, meistens aus großer Entfernung, traf.

In den USA gibt es einen ganz großen Soldatenfriedhof: Arlington. Es ist für amerikanische Präsidenten eine große Ehre dort bestattet zu werden. 

In Europa haben wir viele Arlingtons.

Es gibt gar nicht genügend Präsidenten, um auf jedem dieser Soldatenfriedhöfe auch nur ein Staatsoberhaupt zu bestatten.

Dennoch gab es in Deutschland nach den intensiven sogenannten „Heldengedenktagen“ in den Jahren vor allem nach dem Ersten Weltkrieg eine gegenläufige Tendenz, nämlich sich nicht mehr mit der Geschichte, ihren Gestaltern und Opfern beschäftigen zu wollen.

 

Seit dem Februar 2022 hat sich das geändert.  Die Regel, dass es in der Geschichte immer wieder Wellenbewegungen gibt, gilt auch hier.

Kein Trend hält ewig, auf Vergessen folgt auch immer wieder auch die Rückbesinnung.

Der Anlass ist allerdings bitter: der russische Überfall auf die Ukraine.

Dieser Angriffskrieg des Kremls erzwingt von uns allen, sich damit zu beschäftigen, dass auch unser Frieden zerbrechlich sein könnte.

Anders als von vielen zunächst vermutet, ist die Ukraine nicht innerhalb kurzer Zeit der quantitativen russischen Übermacht erlegen.

Die Ukraine kämpft und bringt Opfer. Viele ukrainische Soldaten bringen höchste Opfer: schwere Verwundungen und das eigene Leben.

Sie kämpfen nicht nur für eine freie Ukraine - sie sind auch der vordere Rand der Verteidigung eines freien Europas.

In der Ukraine, den von Russland besetzten Gebieten und vor allem in Russland selbst füllen sich die Friedhöfe mit Kriegsgräbern.

Wir lernen daraus, dass das Anlegen und die Pflege von Kriegsgräbern allein nicht genügen, um Kriege zu verhindern.

Anders gesagt, wir lernen daraus, dass es Staatsführungen gibt, die Kriegsgräber für Propaganda missbrauchen, um mehr Kriegsgräber anlegen zu können.

Das heißt:

Kriegsgräber geben uns den Anlass über Krieg und Frieden nachzudenken, aber nicht die Gewähr, dass dem Nachdenken die richtigen Schlüsse folgen.

Deshalb bedarf es auch Gedenktage, wie dem heutigen, in dem man nicht nur der Opfer gedenkt, sondern ohne Ideologie über die Gründe von Kriegen und wie sie zu verhindern oder zu beenden sind, nachdenkt.

Meine Damen und Herren,

der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge kümmert sich um beides: die Pflege der Kriegsgräber als kleine Denkmale und die Organisation von Gedenktagen wie dem heutigen.

Er verharrt damit nicht in der Vergangenheit, sondern regt immer wieder an, sich mit den Lehren der Geschichte zu beschäftigen, um die Zukunft verantwortungsvoller zu gestalten!

Je besser wir Kriegsgräber pflegen, desto eher werden wir uns mit der Geschichte beschäftigen.

Je mehr wir uns mit der Geschichte beschäftigen, desto besser werden unsere Schlussfolgerungen sein.

 Je besser unsere Schlussfolgerungen sind, desto entschlossener kann unser Handeln sein.

Je entschlossener und rechtzeitiger wir handeln, desto geringer ist die Gefahr, dass wir neue Kriegsgräber anlegen müssen.
 

Meine Damen und Herren,

ich stelle eine These auf:

Die großen Soldatenfriedhöfe für die Gefallenen der Weltkriege haben zur Gründung der NATO erheblich beigetragen.

Die NATO schützt die Großen und die Kleinen.

Anders als früher in der Geschichte wird kein Staat gezwungen dort Mitglied zu sein.

Aufgenommen werden nur Staaten, die keine aktuellen Konflikte in die NATO importieren.

Solange die NATO ein wehrhaftes und klug agierendes Verteidigungsbündnis bleibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein NATO-Mitglied von einem anderen Staat überfallen wird, gering.

Ich glaube deshalb an einen Fortschritt in der Geschichte und habe die begründbare Hoffnung, dass weitere Staaten und vor allem Staatsführungen aus der Geschichte lernen!

Die Kriegsgräberfürsorge ist der Wächter über das Andenken an die Opfer von Kriegen.

Sie konserviert nicht nur das Andenken an die Geschichte und ihre Opfer, sie gibt auch Impulse für eine friedliche Gestaltung unserer Zukunft. Und das ist eine dauerhafte Aufgabe. Denn: Wer die Lehren der Geschichte vergisst, läuft in Gefahr sie erneut erleiden zu müssen.

Es gibt kein größeres Verdienst als sich um eine sicherere Welt zu kümmern und deshalb ist heute der Tag dem Volksbund ganz herzlich zu danken!